GOLDFISCH      (CARASSUS AURATUS)

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 OSKAR der Goldfisch

Der Plan für den Goldfisch ist zum ersten Mal von mir im DRACHENmagazin 4/1993 veröffentlicht worden.
In der Evolution meiner Drachen ist er sozusagen die 'Mutter' meiner diversen Fische. 


Oskar eignet sich hervorragend für erste Erfahrungen mit stablosen Figurendrachen. Die Form ist sehr einfach. Der geplagte Drachenbauer braucht sich nicht mit Innenprofilen und ähnlichen nervenaufreibenden Teilen zu plagen. Die Flugeigenschaften sind trotz der einfachen Form noch überraschend gut. Je mehr Wind, desto besser. Selbst Loopings sind mit Anlauf kein Problem. Trotzdem sollte niemand Wunder erwarten. Aerodynamisch konstruierte Lenkmatten haben natürlich bessere Flugeigenschaften. 

Oskar wurde direkt bei den ersten Einsätzen zum idealen Lenkdrachen für Kinder. Problemlose Handhabung, kaputt gehen kann nichts und verletzt werden kann auch niemand. 

Die Idee zu Oskar entstand aus einer Notlage. Ein Goldfisch war die einzige Möglichkeit, einige Meter Stoff mit der Farbe Goldorange sinnvoll zu einem Flugtier zu verarbeiten.


Material:

Nach all den Vorreden jetzt zur konkreten Bauanleitung. Die Einkaufsliste ist ziemlich kurz. Ca. 18m Stoff, ca. 42gr/m², Farbe(n) nach Wunsch. 1,2m Kunststoffschlauch 4...6mm , ca. 4 m Waageleine 1,5mm und 2 Alu-Ringe 10mm . Das wär's.

In der beschriebenen Größe reicht 42gr/m² Stoff vollkommen aus. Aufgrund des relativ einfachen Schnittes (wenige große Stoffteile) sollte leicht dehnbarer Stoff bevorzugt werden. Oskar ist aus einem relativ weichen Stoff (wahrscheinlich Fallschirmseide). Dadurch entstehen am fertigen Drachen keine Falten. Die Luft beult alles schön gleichmäßig aus und der Fisch sieht aus wie im neunten Monat. Bei steifen Stoffsorten können eventuell störende Falten durch dezente Abnäher aber leicht beseitigt werden.

Die etwas steiferen Sorten haben aber auch Vorteile. Sie sind meist wesentlich luftdichter. Aus der sehr luftdurchlässigen Fallschirmseide ist die vorn im Maul eingeströmte Luft im Nu wieder durch alle Poren entwichen. Deshalb auch der im Maul eingesetzte Schlauchring als Maulsperre.

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Zuschneiden:

Schablonen zum Zuschneiden des Stoffes sind nicht nötig. Die aus der Zeichnung abgenommenen Maße alle 10cm auf den Stoff übertragen und anschließend die Punkte mit einer schön geschwungenen Linie verbinden. Beim Übertragen der Maße nur so genau wie gerade nötig arbeiten. Die absoluten Maße sind nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass später zusammengehörende Kanten (Nähte) gleich lang sind.        

Für gleiche Teile dabei den Stoff direkt in der entsprechenden Stückzahl übereinander legen. Darauf achten, dass der Stoff unterschiedliche Seiten hat. Bei gutem Licht (Sonne) sind falsch herum verarbeitete Teile am unterschiedlichen Glanz leicht zu erkennen.

Wer den Stoff für Flossen und Schwanz mit den späteren Außenseiten übereinander legt und heiß ausschneidet, spart sich vor dem Nähen sogar das Fixieren mit Büroklammern.  
         

In den Seitenteilen und im Rücken gleich den Ausschnitt für die Flossen mit ausschneiden. Diese hinten lieber etwas zu kurz schneiden. Nachdem die einzusetzenden Teile genäht sind, noch mal die Länge der Ausschnitte kontrollieren und nötigenfalls auf das korrekte Maß verlängern. Verkürzen der Ausschnitte ist nur noch schlecht machbar.  
             

Nähen:

Nach dem Ausschneiden die nicht zusammengehörenden Teile vorsichtig voneinander trennen.

Als erstes werden die Flossen genäht. Den Stoff mit den Außenseiten gegeneinander ( liegt hoffentlich vom Zuschneiden schon so). Die Außenkanten in ca. 1cm Abstand vom Rand zusammennähen. Die fertigen Teile umkrempeln . In den Ecken hilft dabei ein alter Kuli (ohne Mine).

Der Schwanz wird ähnlich angefertigt. An einem der großen Teile die beiden dreieckigen Einsätze festnähen und dann die beiden großen Teile zusammenfügen und umkrempeln.

Jetzt die kurzen Nähte an den Hinterkanten von Flossen und Schwanz anbringen. Diese Nähte verhindern ein zu starkes Aufblasen der Flossen bzw. des Schwanzes an der Hinterkante und es ergibt sich auch ohne eingesetzte Längsprofile eine Profilform.

Die großen Stoffteile (Seiten, Bauch und Rücken) mit eventuell aufgenähten Verzierungen versehen. Augen und Kiemen werden aus kontrastfarbenem Stoff ausgeschnitten und zum Nähen mit Tesaflex oder ähnlichem nicht zu stark klebenden Klebeband fixiert. Mit in der Farbe passendem Nähgarn festnähen (ca. 2mm von der Kante).

Die Flossen jetzt in die Seitenteile bzw. den Rücken einsetzen. Dabei die Flosse im Ausschnitt mit Büroklammern befestigen und sorgfältig prüfen, ob die Nahtlängen im Ausschnitt und an der Flosse gleich lang sind. Nahtanfang ist die Flossenvorderkante. Eine Seite bis zur Hinterkante nähen und dabei nötigenfalls den Ausschnitt etwas länger machen. Dann die andere Seite der Flosse - wieder an der Vorderkante beginnend - am großen Stoffteil festnähen.

Die 4 Körperteile mit angebrachten Extremitäten und Verzierungen werden jetzt zusammengenäht. Auch dabei immer an der Vorderseite (Mundwinkel) beginnen. Die Teile mit den Außenseiten aufeinander legen und notfalls mit Büroklammern fixieren. Nahtbreite wieder ca. 1cm.

Nächster Bauabschnitt ist das Maul. Aus kontrastfarbenem Stoff einen ca. 125cm langen und ca. 8cm breiten Streifen schneiden und diesen 4-fach U-förmig falten. Am Bauchteil in der Mitte beginnend als Lippe um das Maul nähen. Nahtabstand von der Hinterkante des Streifens ca. 3mm. Vorher mit dem Versteifungsschlauch testen, ob dieser anschließend noch in die entstehende Tasche passt. An der Stelle, wo sich der Stoffstreifen wieder trifft, diesen etwa 0,5cm überlappen lassen, aber nicht die Öffnung zunähen. Dort wird später der Schlauch eingeschoben.

Nun zu Oskars hinteren Teilen. Vor dem Annähen der Schwanzflosse kontrollieren, ob die Hinterkante des Körpers den gleichen Umfang wie die Schwanzöffnung hat und ob die einzelnen Stoffteile gleich lang sind. Durch die langen Nähte und den weichen Stoff kann es da zu Ungenauigkeiten kommen, die jedoch leicht zu korrigieren sind. Wenn alles passt, den Körper auf Links wenden, die Schwanzflosse mit Büroklammern in der Öffnung fixieren und anschließend festnähen. Wenn dann der Körper wieder nach Vorn umgekrempelt wird, ist der Fisch bis auf die Waage fertig.
              


Waage:

Zum einfachen Anbringen der Waage werden in den Körper an den entsprechenden Stellen kurze Schnurstücke festgenäht. Die Schnur an der richtigen Stelle durch die Naht stecken und innen auf dem Nahtüberstand auf einer Länge von ca. 5cm festnähen. Auf der Außenseite auf 5cm Länge schneiden und das Ende verknoten. Für die von Oben nach Unten über das Maul laufende Waageleine werden direkt hinter dem Schlauch Löcher in den Maulstreifen geschmolzen.           
               

Vor dem Anbringen der Waageleinen noch den Schlauch in die Maultasche schieben. Auf Länge schneiden und mit einem passenden kurzen Rundholz aus der Restekiste verbinden. Zum Verpacken des Drachens wird der Schlauch einfach zu einer Acht geformt, zu einem kleineren Ring umgelegt und der Fisch darauf aufgewickelt 

Die Waageleinen ablängen (Knotenzugabe nicht vergessen) und die Enden mit einfachen Knoten gegen aufdröseln schützen. Die Knoten mit einer Flamme leicht anschmelzen, dann kann nichts mehr aufgehen.
          

Zuerst die Maulleine anbringen. 30cm zwischen Ober und Unterlippe. Sie zieht das Maul in eine ovale Form. 10cm über der Unterlippe befindet sich eine Schlaufe, in welche die seitlichen Waageleinen befestigt werden. Durch diese Befestigung wird das Maul immer in einem günstigen Winkel zu Wind gehalten. Der obere Zweig der Y-förmigen Leine ist durchgehend und erhält an der richtigen Stelle eine Schlaufe zur Befestigung der unteren Leine. Die 3 langen Waageleinen jeder Seite treffen sich an einem Aluring. Die Flugleinen werden mit einem Buchtknoten hinter diesem Ring befestigt.

Den ersten Flugversuchen steht jetzt nichts mehr im Wege. Die Waagemaße sind die erprobten Maße vom Originalfisch. Je nach Bauausführung können natürlich noch Korrekturen nötig sein. 


Evolution:

Noch ein par Hinweise zu Experimenten. Als Einleiner braucht Oskar eventuell ein kleines Gewicht in der unteren Schwanzspitze.  Wen die etwas schwangere Form des Fisches stört, kann durch Einnähen von Profilen mit Luftlöchern in die Flossenansätze die Idealform wieder herstellen. 

Im Lauf der Jahre habe ich Goldfische in allen Größen gesehen. Sowohl doppelt so groß als auch halb so klein. Flogen alle gut.

Der Schlauch im Maul kann eventuell entfallen. Bei den danach entstandenen Fischen habe ich nie mehr einen Schlauch eingesetzt. Die Waage dann nur in der Mitte der Unterlippe befestigen.

Der Entwurf bietet jede Menge Spielraum für eigene Fischkreationen. Die farbenfrohen tropischen Fische z.B. warten alle darauf, auch in den Himmel zu kommen.


Guten Flug und immer eine Handbreit Wasser unter dem Bauch  

09.93 ....  2002  Jürgen Ebbinghaus